Innovationstag in Pilsen zeigte, was Künstliche Intelligenz in der Wirtschaft leisten kann
PILSEN. Beim Bayerisch-Tschechischen Innovationstag am Mittwoch in der Westböhmischen Universität Pilsen diskutierten rund 120 Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Institutionen beiderseits der Grenze über Chancen und neue Technologien im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Entscheidend war dabei die Frage nach dem Nutzen von KI für die industrielle Anwendung und für die Entwicklung neuer Produkte. Eingeladen zu dem Tag im Forschungscampus NTIS der Westböhmischen Universität in Pilsen hatten das Regionalbüro Pilsen von IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim und Deutsch-Tschechischer Industrie- und Handelskammer sowie das Beratungsbüro Oberpfalz des Bezirks Oberpfalz.
Bei einer Führung durch die Labore von NTIS konnten sich die Firmenvertreter regionaler Industrieunternehmen einen Überblick zur Forschung im Bereich KI vor Ort verschaffen. An Informationsständen im Foyer präsentierten Firmenvertreter, Forschungsinstitute und Start-ups insbesondere aus Ostbayern und Westböhmen unterschiedlichste Lösungen von der Dienstleistung bei Virtueller Realität bis hin zur intelligenten Lagerlogistik. „Wir setzen bei unseren Veranstaltungen auf zukunftsweisende Themen und wollen bei dem bayerisch-tschechischen Innovationstag den Austausch in dem regionalen Netzwerk unterstützen. Hier entstehen Projektideen, bei deren Umsetzung wir die Unternehmen unterstützen“, so die beiden Technologie- und Netzwerkmanager Lucie Valentová und Michael Zankl.
Mehrere Vorträge namhafter KI-Experten und spannender Unternehmen zeigten die Bandbreite des Themas auf. Das Start-up Neuron Soundware aus Prag hat eine KI entwickelt, welche anhand einer Audioanalyse Störungen von Maschinen erkennen kann. Die mehrfach prämierte Firma audEERING aus Gilching identifiziert menschliche Emotionen nur über die Stimme. Die Gründerin Dagmar Schuller zeigte dem Publikum auf, dass die einstige Fiktion aus der US-Serie „Knight Rider“ aus den 80er Jahren, in der das Auto die Gemütslage des Fahrers erkennt und daraus Rückschlüsse auf die Fahrtüchtigkeit schließt, heutzutage in vielen Bereich Realität geworden ist. „Zum Beispiel können bereits heute Krankheiten wie Depressionen oder Parkinson treffsicher von der KI erkannt werden, lange bevor ein Mensch sie je diagnostizieren könnte“, erläuterte Schuller.
„Unsere Hauptaufgabe ist es, Algorithmen zu identifizieren und sie in die Industrie zu übertragen“, sagte Vladimir Marik vom Tschechischen Institut für Informatik, Robotik und Kybernetik CIIRC in Prag. Tschechiens Top-Experte für Forschung in der Industrie 4.0 und für KI sieht die Industrie technologisch auf einer neuen Stufe angekommen. Maschinen lernen aus eigenen oder ihnen übertragenen Erfahrungen. Einige Produktionsunternehmen stünden heute an einem Punkt, an dem ihre Maschinen „eine Seele entwickeln“, will heißen: Produktionslinien beginnen, aus eigenen Prozessen zu lernen und sich weiter zu verbessern.
Die Schaffung eines KI-Ökosystems, in das Hochschulen, Firmen und Institutionen eingebunden sind, sieht Marik als zielführend an. In den Hochschulen entwickelte Applikationen sollten direkt in den Firmen angewandt werden können. Er sieht Tschechien und Deutschland im EU-weiten Forschungsnetz hierbei führend. Hier sehen sich auch die grenzüberschreitenden Institutionen, die den Innovationstag veranstaltet haben, auf dem richtigen Weg. „Wir wollen den Technologietransfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft passgenau gestalten und setzen dabei auf das gesamte Know-how der Unternehmen und Hochschulen aus Ostbayern und Westböhmen“, sagten die Leitenden Mitarbeiter des IHK Regionalbüros Pilsen Karla Stánková und Richard Brunner am Rande der Veranstaltung.
Ein politisches Statement setzte Franz Löffler, Bezirkstagspräsident der Oberpfalz und Landrat des Landkreises Cham, der extra nach Pilsen gekommen war. Er lobte nicht nur die Hightech Agenda, Bayerns „Forschungsturbo“ mit einer Investition von 2 Mrd. Euro und 1.000 neuen Professuren im Bereich KI, von der auch der Technologie Campus in Cham profitiert, sondern er zollte auch den tschechischen Nachbarn höchsten Respekt. Tschechien ist einer der ersten Staaten der EU, die Schritte zur nationalen Strategie der künstlichen Intelligenz vorgenommen haben und sie im Mai 2019 verabschiedet und veröffentlicht haben. Löffler betonte: „Das sind die besten Voraussetzungen, um das weltweite Wettrennen um die besten KI-Technologien gemeinsam zu gewinnen.“