Wird der Mittelstand von der aktuellen Entwicklung überrollt, weil gerade dort Zeit und finanzielle Ressourcen fehlen? So lautete eine Teilnehmerfrage bei der Veranstaltung „Arbeiten im Wandel – Chancen und Risiken der Digitalisierung“. Sie machte deutlich, wie sehr dieses Thema gerade kleine und mittlere Unternehmen beschäftigt. Wohl auch deshalb hatten sich am Dienstagabend auf Einladung des Beratungsbüros Oberpfalz und des Regionalmanagements Tirschenreuth rund 50 Interessierte in der Mehrzweckhalle in Kemnath eingefunden. Sie erhielten Anregungen, wie Unternehmen, aber auch jeder Einzelne den Herausforderungen der Zukunft begegnen können.
Beratungsbüro Oberpfalz lud Experten zum Erfahrungsaustausch ein
„In meiner zweijährigen Tätigkeit als Technologie- und Netzwerkmanagerin habe ich die Oberpfälzer Unternehmen gut kennengelernt. So kann ich sagen, dass wir viele technologisch fortschrittliche und innovative Firmen in der Region haben. Die Digitalisierung stellt sie nun vor neue Aufgaben“, so Lucie Valentová vom Beratungsbüro in Weiden, die das Treffen initiiert hatte, bei ihrer Begrüßung. Sie hatte drei Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft eingeladen, die das Thema aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchteten, spannende Fakten, Erfahrungen und Empfehlungen präsentierten und so für einen kurzweiligen Abend sorgten.
Stefan Böhme (IAB) zu Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt
Die Digitalisierung in all ihren Facetten stellt den Mittelstand aktuell vor große Herausforderungen. „Wandel ist nichts Neues, aber er läuft immer schneller ab und die Komplexität steigt“, so Stefan Böhme vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Bayern aus Nürnberg in seinem Vortrag. In diesem zeichnete er die Entwicklungen des Arbeitsmarktes in der nördlichen Oberpfalz in den vergangenen Jahren nach. Dabei ging Böhme auch auf das oft zitierte Substituierungspotenzial ein, also die Möglichkeit, dass ganze Berufe, aber vor allem einzelne Tätigkeiten durch neue Technologien ersetzt werden könnten. Dieses hat zugenommen und ist beispielsweise allgemein in Helferberufen oder auch im verarbeitenden Gewerbe besonders hoch. In der Oberpfalz ist jeder dritte Beschäftigte in dieser Branche tätig. Das birgt Risiken. Bei deren Bewältigung spielen Qualifizierung und die Bereitschaft zum ständigen Lernen eine große Rolle. „Es gibt immer Gewinner und Verlierer.“, so der IAB-Mitarbeiter. „Aber unsere Prognose lautet, dass es unterm Strich keine Beschäftigungsverluste geben wird.“
Jürgen Arbogast (Arbogast Bauunternehmung) setzt enthusiastisch Digitalisierung um
Wie neue Technologien im Unternehmen eingesetzt und die Mitarbeiter bei diesem Prozess mitgenommen werden können, schilderte Jürgen Arbogast sehr anschaulich und mit ansteckender Begeisterung. Der Geschäftsführer der Alfred Arbogast Bauunternehmung GmbH & Co. KG aus Amberg hat die Digitalisierung in seinem Betrieb zur Chefsache erklärt und treibt diese seit fünf Jahren energisch voran. Die Umgestaltung begann mit seiner Vision vom papierlosen Büro. Auch wenn sich diese nicht erfüllt hat, ist Arbogast bereits sehr weit gekommen. Das Unternehmen hat viel in neue Hard- und Software investiert, die den Arbeitsalltag im Büro und auf den Baustellen grundlegend verändert hat. Dazu gehören Tablets und Smartphones, mobile Stundenerfassung, digitales Gerätemanagement und die Baustellenvermessung mit neusten Technologien. Dadurch konnte viel Papier reduziert und auch Kosten gesenkt werden. „Wir haben keinen Papierkrieg mehr. Bauen und Verwaltungsarbeiten machen wieder Freude. Das spüre ich auch bei meinen Mitarbeitern“, so Arbogast.
Prof. Dr. Susanne Nonnast (OTH Regensburg) gab Empfehlungen aus Wissenschaft und Praxis
Was die Digitalisierung konkret für Unternehmen bedeutet und wie die Qualifizierung der Zukunft aussieht, klärte und erklärte Prof. Dr. jur. Susanne Nonnast in ihrem Vortrag. Als Professorin für Personalmanagement an der Ostbayerischen Hochschule Regensburg und nach langjähriger Tätigkeit im Personalwesen von Unternehmen kann sie Erkenntnisse aus der Forschung mit Erfahrungen aus der Praxis verbinden. „Ich habe kein Patentrezept für Sie, kann aber Empfehlungen zur Qualifizierung für die Zukunft und für die Personalarbeit im Zuge der Digitalisierung geben“, so Nonnast an die Teilnehmer gerichtet. Ihre Anregungen appellierten an die Verantwortung der Unternehmen, die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, Aus- und Weiterbildung an die neuen Erfordernisse anzupassen, eine aktive Lernkultur zu etablieren. Doch auch der Einzelne sei gefordert, ständig dazu- und umzulernen. Dem Mittelstand rät Nonnast sich zusammenzuschließen und im Verbund digitale Themen anzupacken. Auch staatliche Unterstützung, Impulse von außen oder die Kooperation mit Start-ups könnten dazu beitragen, dass kleine und mittlere Unternehmen den Wandel meistern und aktiv mitgestalten.
Digitalisierung bleibt Thema
Die Diskussionsrunde mit den Referenten und anregende Gespräche beim anschließenden Imbiss machten deutlich, dass viele Fragen offen bleiben und es sich lohnt, sich weiter mit Themen rund um die Arbeitswelt der Zukunft zu beschäftigen. Dazu will das Beratungsbüro Oberpfalz einen Beitrag leisten und Unternehmen aus der Region mit thematischen Veranstaltungen zu Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch anregen.